Ein Freund, er hat Geschichte studiert und ich halte ihn für einen liebenswerten Freigeist, antwortete auf einen Beitrag in dem ich schrieb: „Ihr liebt das Leben wir lieben den Tod“ ist ein typischer Djihadisten-Spruch.“
Richtig, das ist typisch für sie. Doch gerade die Moslems, die bei irgendwelcher Kritik reflexhaft zurückbellen „Nazi!“, ahnen nicht, wie nahe sie selber geistig und ideologisch den Nazis und Faschisten stehen. Die Parallelen zwischen ihnen und den Moslems sind eklatant. Im Oktober 2001 habe ich diesen Zusammenhang beschrieben. Ich denke, es gilt im wesentlichen noch heute. Dabei kommt es mir nicht auf die genaue Bedeutung des Begriffes Nekrophilie an, so wie Fromm ihn definierte. Die Streiterei um genaue Definitionen ist nicht meine Sache. Die offensichtlichen Zusammenhänge sind schon aussagekräftig genug:
Viva la muerte
Zu Beginn des spanischen Bürgerkriegs im Jahre 1936 hielt der nationalistische General Millán Astray, ein Parteigänger Francos, eine Rede an der altehrwürdigen Universität von Salamanca. Ein begeisterter Anhänger rief „Viva la muerte“ (es lebe der Tod!“) – das Lieblingsmotto des Generals.
Nach der Ansprache erhob sich der Rektor der Universität, der Philosoph Miguel de Uunamuno und sprach:
„Gerade eben habe ich einen nekrophilen und sinnlosen Ruf gehört: ‚Es lebe der Tod!’ Und ich, der ich mein Leben damit verbracht habe, Paradoxe zu formulieren, die den verständnislosen Zorn anderer erregt haben, ich muss Ihnen als Fachmann sagen, dass mich dieses ausländische Paradoxon abstößt. General Millán Astray ist ein Krüppel. Ich möchte das ohne jeden abschätzigen Unterton sagen. Er ist Kriegsversehrter. Das war auch Cervantes. Leider gibt es gerade jetzt in Spanien sehr viele Krüppel. Und bald wird es noch mehr geben, wenn uns Gott nicht zu Hilfe kommt. Es schmerzt mich, denken zu müssen, dass General Millán Astray uns die Psychologie der Massen diktieren würde. Ein Krüppel, dem die geistige Kraft eines Cervantes fehlt, sucht sich gewöhnlich dadurch eine fragwürdige Erleichterung, dass er alles rings um sich herum verstümmelt.“ …
Da konnte sich Millán Astray nicht länger zurückhalten und rief:’Abajo la inteligencia!’ (‚Nieder mit der Intelligenz!’) ‚Es lebe der Tod!’ Und die Falangisten applaudierten begeistert. Aber Uunamuno fuhr fort:
‚Es ist dies der Tempel des Intellekts. Und ich bin sein Hoherpriester. Sie sind es, die diesen heiligen Bezirk entweihen. Sie werden siegen, denn Sie verfügen über mehr als brutale Macht. Aber Sie werden niemand zu Ihrer Ansicht bekehren. Denn um jemand zu seiner Ansicht zu bekehren, muss man ich überzeugen. Und um zu überzeugen, brauchen Sie etwas, was Ihnen fehlt, nämlich Vernunft und Recht im Kampf. Ich halte es für zwecklos, Sie zu ermahnen, an Spanien zu denken. Mehr habe ich nicht zu sagen.“ (zit. bei Erich Fromm: (Anatomie der menschlichen Destruktivität, Reinbek 1979, S.372) Wenige Monate später starb der Philosoph Miguel de Uunamuno im Arrest. Er war für seine Überzeugung eingestanden. Er war sich selbst treu geblieben, er war konsequent gewesen bis zum Ende. Gehorsam bis in den Tod, heißt es über Jesus.
Nekrophilie
Es lebe der Tod! An dieses Motto musste ich denken, als einen Monat nach der Attacke vom 11.September 2001, ein arabischer Sender folgende islamistische- fundamentalistische Behauptung verbreitete: Es gebe auf der ganzen Welt viele Tausend junger Moslems, die sich nach dem Tod ebenso sehnten, wie die Amerikaner sich nach dem Leben sehnen.
Vor zehn, zwanzig Jahren noch hätte man diese Aussage als schwülstige orientalische Rhetorik abgetan, aber nach dem 11. September hat diese Drohung doch einen veritablen-düsteren Kern.
An Uunamunos Einwurf musste ich auch aus einem anderen aktuellen Grund denken. Der Presse konnte man entnehmen, dass die Regierungsriege der afghanischen Taliban zur Zeit weltweit den höchsten Anteil von Kriegsversehrten aufweist. Denn kaum einer blieb unverletzt nach so vielen Jahren des Krieges. Nun erklärt dieses Faktum allein für sich noch nicht die Eskalation von Inhumanität in Afghanistan. Aber es mag als weiterer Faktor beigetragen haben in dem Sinn, den Uunamuno genannt hat – als Obsession nämlich, die eigenen Verletzungen auch andere Menschen spüren zu lassen. Die Todesstrafen und harten Körperstrafen mögen zwar offiziell durch die Scharia, das islamische Religionsgesetz, gerechtfertigt werden. Aber für die erschreckende Häufung brutaler Strafen scheint als weiterer Bedingung eine entsprechende psychische Disposition unerläßlich zu sein.
Es lebe der Tod! Diesen Ruf nennt Uunamuno nekrophil. Heutzutage wird dieser Begriff meist in einem speziellen Sinn verwandt, nämlich in sexualpathologischer Hinsicht. Der Rektor von Salamanca aber gebrauchte ihn in einem umfassenderen, allgemeinen Sinn. In dieser Tradition hat ihn auch Erich Fromm begriffen:
„Die Nekrophilie kann man im charakterologischen Sinn definieren als das leidenschaftliche Angezogensein von allem, was tot, vermodernd, verwest und krank ist; sie ist die Leidenschaft, das, was lebendig ist, in etwas Unlebendiges umzuwandeln; zu zerstören um der Zerstörung willen; das ausschließliche Interesse an allem, was rein mechanisch ist. Es ist die Leidenschaft, lebendige Zusammenhänge zu zerstückeln.“ (Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität, Reinbek 1979, S.373)